die Nachricht fuer Steuerzahler - Sie duerfen weiter viel zahlen den die Politiker haben Taube Ohren und von der Qualitaet brauchen wir ja nicht extra zu Reden hauptsache das richtige Parteibuch!

Veröffentlicht auf von karl kreibich

Bahnbau zu Babel: Die Geschichte einer Entgleisung

Wie sich die österreichische Bahn zu Tode investiert - Von Franz Fally

Wie sich die österreichische Bahn zu Tode investiert: Kleine Rückschau auf die megalomanische Ausbaupolitik des Konzerns anlässlich der Antritts-Pressekonferenz des neuen ÖBB-Vorstandschefs. Es war einmal ein Tunnelprojekt: Die ersten Berechnungen der dafür zu veranschlagenden Gesamtkosten ergaben einen Betrag von 3,16 Milliarden Schilling (rund 230 Millionen Euro). Das war 1988.

 

 





Vier Jahre später, vor dem geplanten Baubeginn, lagen die Schätzungen der ÖBB bei 5,6 Milliarden Schilling (mehr als 400 Millionen Euro). Aufgrund der aus dem Probestollen gewonnenen Erfahrungen und der aufgrund verschiedener Tunnelunglücke erhöhten Sicherheitsanforderungen lagen die letzten Kostenschätzungen für das nun aufgegebene Tunnelprojekt bei rund 1,1 Milliarden Euro.

 

Jetzt packt man die Sache neu an. Und der Preiszettel an besagtem Tunnel lautet auf 2,6 Milliarden Euro. Und er wird locker weiter steigen.

Die Rede ist natürlich vom Projekt Semmeringtunnel, das gleichzeitig ein gutes wie schlechtes Beispiel für den Bahnausbau in Österreich liefert: Ein gutes Beispiel, weil sich anhand des Semmerings die chronische Unterschätzung der Kosten und die ebenso hartnäckige Überschätzung des Ausbaubedarfs gut zeigen lässt. Er ist aber auch insofern ein schlechtes Beispiel, weil es bisher eben nur am Semmering gelungen ist, den Ausbauwahn - zumindest bis dato- zu stoppen und damit die Taschen der Steuerzahler zu schonen.

Wie alles begann...

Um den Betrag des neuen Semmeringtunnels sollte ursprünglich die gesamte Bahninfrastruktur fit für das 21. Jahrhundert gemacht werden: Im August 1986 lieferte das Consulting-Unternehmen Arthur D. Little im Auftrag der ÖBB jene Studie ab, die den Ausbau des österreichischen Bahnnetzes rational begründen sollte.

In der Studie wurden neben Investitionen ins Rollmaterial und in die Modernisierung der Bahnhöfe vor allem Infrastrukturausbauten vorgeschlagen, die der Bahn entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen sollten - darunter Projekte wie diverse Streckenbegradigungen, der Semmering-Basistunnel oder der Wiener Zentralbahnhof. Die Gesamtinvestitionssumme sollte bis zum Jahr 2000 bei rund 60 Milliarden Schilling liegen (4,36 Milliarden Euro), davon 70 Prozent für den Ausbau der Infrastruktur.

Seit Vorlage des Little-Gutachtens wurden rund 20 Milliarden Euro in die Bahninfrastruktur investiert, mehr als die Hälfte davon in Ausbaumaßnahmen. Die Bahninvestitionen liegen in Relation zur österreichischen Wirtschaftsleistung seit Mitte der 1990er-Jahre auf einem Niveau, das zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg erreicht worden war:

Damals waren die Kriegsschäden zu beseitigen und das Netz zu elektrifizieren. Die Investitionen in die Schieneninfrastruktur sind in den letzten 25 Jahren real höher als die Investitionen in Bundesstraßen und Autobahnen, obwohl die Bahn nur einen Bruchteil der Verkehrsleistung der Straße abwickelt. Von einer "Neuen Bahn" ist dennoch nichts zu merken.

Die Little-Studie enthielt eine in Politikerohren besonders gut klingende Nachricht: "Das vorgeschlagene HL-Programm (Anm.: Hochleistungsstrecken) kann bei Erfüllung der dargestellten Bedingungen erfolgsneutral dargestellt werden. D. h. diese Investitionen rechnen sich über einen Zeitraum von 30 Jahren aufgrund steigender Einnahmen sowie projektinterner Kostenersparnisse." Bahnausbau zum Nulltarif. Die Realität ist davon natürlich weit entfernt. Und der Steuerzahler kann die Kosten tragen. Statt der geplanten Reduktion der Zuschüsse der öffentlichen Hand haben sich diese in den letzten 20 Jahren fast verdreifacht. Die Annahme, dass die Bahn die gewaltigen Investitionskosten jemals wieder einbringen kann, ist geradezu lächerlich: Die am Markt erzielten Umsätze der ÖBB auf der Schiene sind geringer als die jährlichen Investitionen!

Damit die Leistungen des Staates so richtig unübersichtlich sind, gibt es direkte Zuschüsse, Garantien und - wenn der Schuldenberg in der Bahnbilanz zu hoch wird - Entschuldungsaktionen. Nur im Vertrauen darauf gibt es von den Wirtschaftsprüfern Jahr für Jahr einen Bestätigungsvermerk für die Bahnbilanz. Dank dieser Strategie konnte man Teile der Schulden "Maastricht-konform" am öffentlichen Haushalt vorbeilotsen - aber ob Brüssel ewig zusieht, ist eine offene Frage.

Wie auch immer: Das Motto der Verfechter des Bahnausbaus um jeden Preis scheint zu lauten: Wir haben den Weg verloren, dafür verdoppeln wir die Geschwindigkeit. In finanzieller Hinsicht wird dies jedenfalls genau befolgt, denn bis zum Jahr 2020 sollen weitere 20 Milliarden Euro in die Bahninfrastruktur fließen.

Wenn man zusätzlich den ultimativen Größenwahn, den Brenner-Basistunnel, in Angriff nimmt, könnte es noch viel mehr Geld werden. Dabei wäre es wichtig, den Ausbau zu stoppen und zu analysieren, woran man bislang gescheitert ist. Die einzelnen Faktoren liegen klar auf der Hand:

 

  • Für zahlreiche Bauprojekte gab (und gibt) es überhaupt keine realistischen Rentabilitätsberechnungen. Sie sind politisch motivierte Prestigeprojekte. Bestes Beispiel dafür ist der Koralm-Tunnel.

     

     

  • Wo es Berechnungen gab, basierten sie auf deutlich überhöhten Verkehrsprognosen. Tatsächlich haben jüngste Untersuchungen ergeben, dass an den neuralgischen Punkten des österreichischen Bahnnetzes innerhalb der letzten 25 Jahre die Zahl der überregionalen Schnellzüge um gut zehn Prozent zurückgegangen ist; der Güterverkehr hat zwar zugenommen, blieb aber weit unter den prognostizierten Zahlen.

     

     

  • Der Anteil des Gütertransports auf der Schiene liegt in Österreich weit über dem europäischen Durchschnitt, ja selbst über jenem in der Schweiz. Eine zusätzliche Verlagerung wird natürlich immer schwieriger. Zudem verliert die Bahn in weiten Teilen Europas dramatisch Marktanteile. Insbesondere aus den ehemaligen Ostblockländern kommen immer weniger Waren mit der Bahn an Österreichs Grenzen. Das kann weder die ÖBB noch die österreichische Verkehrspolitik entscheidend verändern.

     

     

  • Für den Güterverkehr ist Geschwindigkeit weniger wichtig als Zuverlässigkeit und Einbindung in komplette Logistiklösungen von Tür zu Tür. Statt in teure Tunnel zu investieren sollte beispielsweise (um einen Bruchteil des Geldes) die Möglichkeiten einer kontinuierlichen Güterverfolgung verbessert werden, wie sie im Straßenverkehr längst selbstverständlich sind.

     

    Da eine teurere Schieneninfrastruktur die Frachttarife in die Höhe treibt, kann der Investitionswahn sogar zu einer (Rück-)Verlagerung von der Schiene auf die Straße führen.

     

  • Im Personenverkehr nützt der Hochleistungsausbau (wenn überhaupt) jener kleinen Minderheit an Bahnkunden, die weite Strecken mit der Bahn zurücklegen. Der typische Bahnkunde ist aber der Pendler, der in zerschlissenen Wagons und windigen Wartehäuschen tagtäglich zur Arbeit fährt. Der sich angesichts der falschen Investitionspräferenzen der Bahn zurecht als vernachlässigt sieht. Und der viel zu oft der Bahn den Rücken zukehrt.

     

    Taube Politiker-Ohren

    Das alles ist den politisch Verantwortlichen durchaus bekannt. Sie wurden durch den Rechnungshof, durch unabhängige Verkehrsexperten und durch Bürgerinitiativen gewarnt, die gegen die Vergeudung von Volksvermögen durch sinnlose Bahnbauten ankämpfen. Aber offenbar ziehen es Politiker vor, den falschen Weg fortzusetzen anstatt einen - sicherlich nicht einfachen - Kurswechsel in der Bahnpolitik herbeizuführen.

    Kommende Generationen dürfen sich dann mit leeren Kassen und einer zu Tode investierten Bahn abmühen. Dem zahlenden Bürger bleibt nichts anderes übrig, als dem bösen Treiben auf der politischen Spielwiese ohnmächtig zuzusehen und sich damit zu trösten, dass es so etwas Ähnliches bereits vor 4000 Jahren gegeben hat - beim Turmbau zu Babel.

Veröffentlicht in Politik

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