Es ist doch besser es verschwindet in der EU - darüber braucht man sich keine Sorgen machen!!!

Veröffentlicht auf von karl kreibich

EU-Entwicklungshilfe
"Wir geben kein Geld, das verschwinden könnte"

Entwicklungskommissar Andris Piebalgs im STANDARD-Interview: Gute Regierungsführung ist die beste Ressource

Gute Regierungsführung ist die beste Ressource, meint Entwicklungskommissar Andris Piebalgs. Ein 90-Prozent-Erfolg bei den Uno-Millenniumszielen sehe er als nicht schlecht an, sagte er Julia Raabe.

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Standard: Die Vorbereitungen für den Europäischen Diplomatischen Dienst sind recht chaotisch verlaufen. Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit EU-Außenministerin Catherine Ashton vor?

Piebalgs: Na ja, chaotisch ... Angesichts der Größe der Aufgabe hat das ziemlich gut geklappt. Das war demokratisch. Es gab viele Meinungen. Was Entwicklung betrifft: Eine meiner Aufgaben ist die allgemeine Strategie, Armut in der Welt zu bekämpfen. Dazu gehört, die ganze Union für etwas zu mobilisieren wie für den Millenniumsgipfel in New York (Anfang nächster Woche, Anm.), damit wir dort als Einheit auftreten. Die Kommission hat auch eigene Mittel für Entwicklungshilfe, die strategisch eingesetzt werden müssen. Hier wende ich mich an den Außendienst. Dort bekomme ich auch Informationen, um die Strategie weiterzuentwickeln.

Standard: Welche strategische Ausrichtung schwebt Ihnen vor?

Piebalgs: Wir haben bisher vielen Staaten geholfen, aber sie sind weiter arm geblieben. Deshalb müssen die Staaten selbst mehr Mittel haben, um die Wirtschaftsentwicklung zu stärken. Ihr müssen wir viel mehr Aufmerksamkeit schenken. Für die afrikanischen Staaten müssen die drei Schwerpunkte lauten: Energie, denn ohne sie gibt es keine Wirtschaftsentwicklung; langfristige Finanzierungsmöglichkeiten, regionale Zusammenarbeit. Ein zweites Thema: Die Zusammenarbeit der EU-Staaten ist noch nicht gut genug, wir müssen sie entwickeln. Das wird nicht einfach. Wir brauchen einen Konsens über die Prioritäten. 20 Prozent der Entwicklungshilfe geht über die Kommission, Tendenz sinkend. Die Koordinierung wird also immer wichtiger.

Standard: Apropos mehr Mittel für die Staaten: Argumentieren Sie da auch für mehr Budgethilfe?

Piebalgs: Ich möchte mehr sektorielle Budgethilfe. Meine Schwierigkeit ist: Ich muss meine Hilfe für die Bürger verständlich machen. Budgethilfe ist ein kompliziertes Konzept. Es ist einfacher zu sagen: 100 Euro für Bildung, zwei Schüler mehr. Der Bürger muss wissen, wie viel Geld für welches Resultat verbraucht wird.

Standard: Die deutsche Kanzlerin Merkel hat angekündigt, in New York stärker gute Regierungsführung betonen zu wollen. Zu Recht?

Piebalgs: Ja. Gute Regierungsführung ist eines unserer Hauptziele. Doch die Entwicklungsstaaten bemühen sich. Wir geben kein Geld aus, das verschwinden könnte. Wir kontrollieren das. Korruption kommt ins Spiel, wenn ein Staat Erdöl hat oder Mineralien. Das Geld gehört in die Staatskasse.

Standard: Staaten wie China scheren sich wenig um Regierungsführung. Da geht es auch um Ressourcen. Befürchten Sie nicht, dass Europa ins Hintertreffen gerät?

Piebalgs: Der Gipfel in New York ist wichtig für eine gemeinsamen Position von Europa, China, Brasilien, Indien und den USA. Wir müssen mit unserem Beispiel andere Staaten dazu bringen, dass sie gute Regierungsführung in derselben Weise sehen wie wir.

Standard: Wo es um Ressourcen geht, wird das Ganze zu einer Konkurrenzsituation.

Piebalgs: Letzten Endes ist die beste Ressource gute Regierungsführung. Dann werden Ressourcen nie für ein Butterbrot verkauft. Wir sind nicht die Herren in den Ländern. Sie müssen selbst ein System entwickeln, das nachhaltige Entwicklung gewährleistet.

Standard: Es sieht nicht danach aus, als würden die Millenniumsziele erreicht. Waren sie zu ambitiös?

Piebalgs: Ziele müssen immer ambitiös sein, sonst sind es keine Ziele. Auch die Resultate sind nicht nur schlecht. Beispiel Armutsbekämpfung: Die Zahl ist von 1,8 Milliarden Menschen auf 1,4 gesunken. Wenig Fortschritte gibt es bei Müttergesundheit und der Kindersterblichkeit. Weil das gute Regierungsführung voraussetzt und sehr umfangreich ist. Aber auch Ban Ki-moon hat gesagt, dass wir die Ziele erreichen können.

Standard: Das muss er sagen.

Piebalgs: Er verliert auch Glaubwürdigkeit, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Aber selbst wenn wir sie bis 2015 nur zu 90 Prozent erreichen, ist das nicht schlecht.

Standard: Was muss geschehen?

Piebalgs: Wir müssen mehr Geld für Entwicklungshilfe geben. Wir haben vor langer Zeit Versprechen gemacht, diese 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens ...

Standard: Auch die EU kommt nicht auf diesen Wert.

Piebalgs: Aber auch die anderen nicht, die sind noch weniger auf der Höhe der Versprechungen. Noch etwas muss sich in New York ändern: Die Entwicklungsländer müssen die Millenniumsziele als ihre eigenen ansehen. Sie sehen sie als einen Maßstab für unsere Hilfe, aber nicht, dass es eigentlich ihre Ziele sind.

Veröffentlicht in Politik

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