In Wien sucht man wie im Film den 4.Mann - aber wer suchet der Findet wenn man weiss wo man Suchen soll!

Veröffentlicht auf von karl kreibich

Polit-Mord in Wien
Mordopfer hat Polizei schon im Sommer alarmiert
Mordopfer hat Polizei schon im Sommer alarmiert (Bild: Andi Schiel, Polizei)
Die Wiener Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung haben sich am Donnerstag zum Geheimdienstmord in Wien-Floridsdorf geäußert: Die Indizien, dass es sich um eine politisch motivierte Tat an dem Ex-Leibwächter des tschetschenischen Präsidenten Kadyrov handelt, könnten demnach korrekt sein. "Beweisen können wir allerdings nichts", hieß es. Der am Dienstag verhaftete Verdächtige mit dem Decknamen "Otto Kaltenbrunner" – er soll den Fluchtwagen gefahren haben – schweigt noch immer. Bekannt wurde auch, dass das Opfer, Umar Israilov, bereits im Sommer 2008 erstmals die Polizei alarmiert hat. Sein Flüchtlingsbetreuer sagte, das sich der 26-Jährige bedroht fühlte.

Der Flüchtlingsbetreuer von Umar Israilov hat im Dezember erstmals mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Kontakt aufgenommen, da sich der 26-Jährige offenbar bedroht fühlte. Laut Walter Nevoral vom LVT (Foto) gab es diesbezüglich E-Mail-Verkehr. Darin sei eine "vage Bedrohungslage" angedeutet worden, die aus damaliger Sicht keine Sofortmaßnahmen notwendig machte.

"Das Opfer hat sich beobachtet gefühlt, das war's", meinte Gerhard Jarosch, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien. Aber bereits im Sommer 2008 hatte sich der Ermordete an die Behörden gewendet: Er sei genötigt worden, seine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zurückzuziehen. In der Klage war es um Folter in Tschetschenien gegangen.

Anders als sonst bei Mordfällen üblich, werden die Ermittlungen in dem Fall federführend vom LVT und nicht vom Landeskriminalamt geführt. Das liege daran, dass "der Mord in Zusammenhang mit seinen früheren politischen Tätigkeiten stehen könnte", begründete Walter Nevoral vom LVT. Um welche Aktivitäten es sich dabei handle, wurde nicht verraten. Seit Dienstag seien bereits Hausdurchsuchungen durchgeführt worden.

"Kaltenbrunner" schweigt
Der im Zusammenhang mit dem Mord an dem 26-jährigen Tschetschenen festgenommene Landsmann des Opfers (kleines Foto) leugnet indes jede Beteiligung an der Tat. Der 40-jährige, als Asylwerber in St. Pölten wohnhafte Mann ist nach Angaben von Ermittlern der Zulassungsbesitzer jenes Autos, mit dem die beiden unbekannten Täter nach dem Mord geflüchtet sind. Für seinen Decknamen "Otto Kaltenbrunner" soll sich der Tschetschene den Nachnamen des Nazi-Schergen Ernst Kaltenbrunner als Vorbild genommen haben. Er sitzt in U-Haft.

Umar Israilov wurde laut Polizei von drei Projektilen getroffen, und zwar im Oberkörper, an einem Arm und an einem Bein. Die zunächst von einer Polizeisprecherin getätigte Aussage, die Täter hätten ihm in den Kopf geschossen, wurde widerrufen. Nach der Tat in Floridsdorf versuchten die Täter, Autos aufzuhalten, und stiegen schließlich in einen grünen Volvo (Foto), der später auf einem Parkplatz in Wien entdeckt wurde. Polizisten wurden auf das Fahrzeug aufmerksam, da es nachlässig eingeparkt war und trotz Kälte ein Seitenfenster offenstand. Über den Volvo kamen die Ermittler auf den verdächtigen 40-Jährigen.

Von den mutmaßlichen Geheimdienst-Killern ist wenig bekannt: Die beiden Flüchtigen seien zwischen 20 und 30 Jahre alt, 1,75 bis 1,80 Meter groß und von durchtrainierter Statur. Einer war mit einer Tarnjacke, dunkler Hose, weißen Sportschuhen und einer Wollhaube bekleidet. Er hatte eine auffällige Narbe oder ein Muttermal oder eine Blutkruste am Nasenrücken, berichteten Zeugen. Der zweite Täter trug eine dunkle Jacke, eine graue Mehrzweckhose und ebenfalls eine Wollhaube. Ob er bewaffnet war oder nicht, darüber waren sich die Zeugen nicht einig, merkte Nevoral an.

Folgenden Fragenkatalog hat die Polizei veröffentlicht:

  • Wer hat den Pkw zur Tatzeit (13.01.2009, zwischen 11.50 Uhr und 12.05 Uhr) im Bereich Leopoldauer Straße Nr. 23 bis Leopoldauer Straße Nr. 31 wahrgenommen?
  • Ist dieser Pkw auch sonst an dieser Örtlichkeit aufgefallen?
  • Wer kann Angaben zur Person des Lenkers und sonstige im Fahrzeug anwesende Personen machen? Insbesondere: Wer hat Personen beim Verlassen des Fahrzeuges am Parkplatz des PENNY-Markte in Wien 22., Donaustadtstraße - Erzherzog Karl Straße, wahrnehmen können?
  • Wo war der Pkw in der Nacht vom 12.01.09 zum 13.01.09 und auch in den Vormittagsstunden des 13.01.2009 abgestellt, bzw. wo ist dieser eher auffällig lackierte Pkw sonst wahrgenommen worden?
  • Wer kann Angaben über den Aufenthaltsort der Person des Otto Kaltenbrunner (der verhaftete Verdächtige, Anm.) im Tagesverlauf des 13.01.2009 machen?  

Hinweise werden erbeten an den Journaldienst des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Wien unter der Tel.:                01-31310-74035         und auf Wunsch vertraulich behandelt.

 

Witwe: "Ramzan Kadyrov hat die Killer geschickt"
Die 28-jährige Frau des Mordopfers zeigte sich am Mittwoch im Interview mit der "Krone" überzeugt, dass ihr Mann von Profi-Killern getötet wurde: "Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrov hat sie geschickt. Mein Mann war ein überzeugter Rebell und wurde im Jahr 2003 von der Regierung festgenommen. Nach drei Monaten Haft musste er die Seite wechseln. Sonst wäre seine ganze Familie ermordet worden", erzählt die im 9. Monat schwangere Mutter von drei Kindern. "Er arbeitete einen Monat als Kommandant für Kadyrov, danach flüchteten wir aus Tschetschenien."

Neun Monate war die junge Familie in Polen untergetaucht, ehe sie nach Österreich kam. Im Sommer tauchte dann plötzlich ein Mann auf. "Er sagte, er käme im Auftrag Kadyrovs und wolle uns auf friedliche Weise zurückholen. Er drohte uns mit einem Unglück, wenn wir nicht mitkommen würden." Nun hat auch 28-Jährige Todesangst: "Ich weiß nicht, wo ich und meine Kinder nun sicher sind."

Geheimdienst-Kreise: Opfer galt als gefährlicher "Verräter"
Geheimdienst-Kreise erzählen eine etwas andere Geschichte als die junge Witwe: Demnach soll Umar Israilov jahrelang persönlicher Leibwächter von Ramzan Kadyrov gewesen sein. Nach einem Streit wurde er von diesem gefoltert - was auch der tatsächliche Grund für seine Flucht gewesen sein dürfte. Die Nachbarn erinnerten sich beim "Krone"-Lokalaugenschein: "Herr Israilov sprach hochdeutsch und wirkte sehr gebildet. Es gab jedoch offenbar öfter Streit mit seiner Partnerin und den Kindern. Abends traf er sich immer mit dunklen Gestalten. Es wirkte, als wäre er ständig auf der Flucht." Nachdem Israilov es sich zum Ziel gesetzt hatte, mit seinem Insiderwissen gegen Kadyrov vorzugehen, wurde er offenbar zum Problem - und zur freigegebenen Zielscheibe.

Wien als Agentendrehscheibe - Nachrichtendienste sehr aktiv
Wegen seiner zentralen geographischen Lage in Europa war Wien nicht nur Kulisse für den Film „Der dritte Mann“, sondern ist auch heute noch für Geheimdienste interessant. Besonders aktiv in Sachen Aufklärung und Spionagetätigkeit zeigt sich nach wie vor Russland. In dem aktuellen Lagebericht des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) heißt es jedenfalls wörtlich: „Es konnte keine Reduktion der an diplomatischen Vertretungen und internationalen Organisationen stationierten Nachrichtendienstoffiziere festgestellt werden...“

Zweites Schussattentat innerhalb von nur 48 Stunden
Erst in der Nacht auf Montag war in der Friedmanngasse in Wien-Ottakring ein 41-jähriger gebürtiger Türke mit Schussverletzungen aufgefunden worden. Er war so schwer verletzt, dass er später im Wilhelminenspital starb. Der Mann berichtete noch vor seinem Tod, dass er in einem Lokal gewesen sei und mit zwei Unbekannten Streit gehabt hatte. Von den Tätern fehlt jede Spur.

Veröffentlicht in Politik

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